Eine Reise in die Vergangenheit

Hoch auf dem gelben Wagen - 3-tägige Reise mit der Postkutsche

Eine ganz andere Art von Urlaub haben wir uns dieses Jahr gegönnt - drei Tage mit einer Vierspänner-Postkutsche durch das Remstal bei Stuttgart. Wie kommt man auf solche Idee? Im Frühjahr haben wir mit unserem Radfahrerverein Immergrün (RVI) eine Abendausfahrt Schorndorf ins Gottlieb Daimler Geburtshaus unternommen. Dort erhielten wir einen Einblick in das Leben von Gottlieb Daimler. Ein lebhafter Vortrag seiner "Ehefrau Emma Pauline" und dem "Waschweib Marie" versetzte uns in die Zeit der Postkutsche. Anlass war das Gottlieb Daimler Jubiläumjahr "125 Jahren Automobil".

Diese aussergewöhnliche Führung vom Veranstalter Kultissima hat uns sehr gefallen. Aufgehorcht haben wir, als eine dreitägingen Kutschfahrt von Kultissima erwähnt wurde. Spontan meldeten wir uns für ein Wochenende im Oktober an - die Idee gefiel uns.

Endlich war es dann soweit; am 14. Oktober wurden wir Fahrgäste passend im Stil des Biedermeier eingekleidet. Unser Kutscher Otto stand schon bei der Kutsche und begrüßte uns. Die Veranstalterin Heike Marx von Kultissima hatte alles bestens organisiert und wir fühlten uns ins 19. Jahrhundert zurückversetzt.


vor der Mercedes-Benz Niederlassung Stuttgart vor der Mercedes-Benz Niederlassung Stuttgart

Die Besucher vom Mercedes-Benz Museum und die Kunden von der Mercedes-Benz Niederlassung Stuttgart staunten nicht schlecht uns vor dem hochmodernen Gebäude zu sehen. Wir starteten bei herrlichem Sonnenschein und das sollte auch die ganze Reise so bleiben.


vor der Mercedes-Benz Niederlassung Stuttgart vor der Mercedes-Benz Niederlassung Stuttgart

Nachdem wir Stuttgart-Untertürkheim und damit auch die Asphaltstrassen mit dem Autoverkehr verlassen hatten, ging es in die Weinberge unterhalb der Rotenberg-Kapelle, entlang des Kappelbergs ins Remstal. Wir erregten mit unserer Kutsche und der Kleidung überall Aufsehen. Die fleißigen Helfer bei der Weinlese freuten sich und unterbrachen die Arbeit gerne für einen kleinen Schwatz. Vor dem Ort Kernen-Stetten begegnete uns eine historische Figur - der bekannte "Spielmann Pfeffer von Stetten", gab einige seiner Streiche gegen die Obrigkeit zum Besten und verschwand wieder zwischen den Reben.


Manfred und Barbara Spielmann Pfeffer von Stetten

Angenehm war zwischenzeitlich die Mittagssonne. Weinberge, Streuobstwiesen und Kleingartenanlagen begleiteten uns bis Strümpelbach. Durch die romantischen Fachwerkgassen der bekannten Weinstadt gelangten wir zur Weinprobe im renommierten Weingut Kuhnle. Eine kleine Weinkunde und leckere Häppchen waren jetzt genau das Richtige.


Ankunft beim Weingut Kuhnle durch die Gassen von Strümpfelbach

Nicht nur in Weinbergen sorgten wir für Aufmerksamkeit, auch am Wegesrand waren die erstaunten Blicke nicht zu übersehen. Weiter ging es durch herrliche Weinlagen, vorbei an der "Wiege Württembergs" Beutelsbach und an der Rems entlang. Übernachtet haben wir im ältesten Gasthof des Remstals, der ehemaligen Poststation "Hirsch" in Remshalden-Grunbach. Nach dem langen Tag wurde uns ein erlesenes 3-Gänge-Menue serviert - ob das vor 100 Jahren zur Postkutschenzeit auch schon so war?



staunende Blicke Ankunft im Gasthaus Hirsch unsere Postkutsche

Wieder eingekleidet und nach einem guten Frühstück ging es wieder auf die Kutsche. Hinauf zum Schurwald gelangten wir zum Aussichtspunkt "Drei Riesen". Der Rundumblick von dort war beeindruckend und wir nutzten die Lage für schöne Fotos mit dem einmaligen Hintergrund. Wir hatten das gesamte Neckartal und ganz Stuttgart in unserem Blickfeld.

Werner Anita Manfred Barbara

Die Weiterfahrt über die alte Kaiserstrasse (der Legende nach soll schon Kaiser Friedrich I "Barbarossa" diese Strecke als Reiseroute genutzt haben) gestaltete sich teilweise schwierig. Der geplante Waldweg war mit einer Schranke versperrt, aber unser Kutscher Otto versuchte den verantwortlichen Förster ausfindig zu machen. Der kleine Zwangsaufenthalt auf einem Grillplatz brachte uns und den vielen staunenden Kindern jedoch viel Spaß. Es wurden entsprechend unserer Aufmachung viele Fragen gestellt und uns wurde nicht langweilig. Der Weg blieb allerdings versperrt, da der Förster nicht erreichbar war.
Ob der Umweg schuld war oder die Gegend auf dem Schurwald ein unsicheres Pflaster ist - wir wurden ganz plötzlich überfallen. Mit der Pistole bedroht "Geld oder Leben" mussten wir unsere Wertsachen abgeben. Selbst Otto war erschrocken, helfen konnte er uns aber auch nicht :-). Es waren schon schlimme Zeiten! Nach dem Schreck durch den Räuber brachten uns unsere braven Pferde sicher ins nahegelegene Manolzweiler. Im tradiditionsreichen Landgasthaus "Hirsch", einer ehemaligen Pferdewechselstation, liessen wir uns das Mittagessen schmecken.


Die Kinder haben zu Hause viel zu erzählen Räuber - ist man denn nirgends sicher? Unser Kutscher OTTO

Am späten Nachmittag trafen wir auf dem Marktplatz im schönen Schorndorf ein. Wir wurden bereits erwartet von Emma Pauline, der Ehefrau des Tüftlers und Erfinders Gottlieb Daimlers. Emma Pauline erzählte uns vom Leben ihres Gatten. Daimler war ein Eigenbrödler, sorgte fürsorlich für seine Familie, war überzeugt von seinem Tun was die Mobilität der Fortbewegung betraf. Es gab viel Entbehrungen für seine Lieben, aber seine Vision ein Automobil anzutreiben ließ ihn nicht los und er arbeitete oft bis spät in die Nacht.

Ankunft auf dem Schorndorfer Marktplatz Emma Pauline empfängt uns Auf dem Marktplatz

Schon lange vor dem Automobil schnauften Züge, gezogen von den ersten Dampflokomotiven, durch die Lande. Nach dem Frühstück tauschten wir die Kutsche gegen die Schwäbische Waldbahn. Wir tauschten ebenfalls unsere Garderobe von der historischen Kleidung wieder in unsere "normale Kleidung". Warum? Es war in der Bahn bequemer und auch wärmer. Trotz der strahlenden Sonne waren die Aussentemperaturen sehr frisch.
Die Schwäbische Waldbahn ist eine der steilsten Bahnstrecken Baden-Württembergs von Schorndorf über Rudersberg bis zum Luftkurort Welzheim. Wir konnten die Ausblicke auf die abwechslungsreiche Landschaft geniessen. Durch die Höchstgeschwindigkeit von gemütlichen 30 km/h konnten wir in aller Ruhe das beeindruckenden Viadukt anschauen.


In der Schwäbischen Waldbahn In der Schwäbischen Waldbahn

Nach dem Mittagessen im traditionsreichen Gasthof Zum Lamm ging es mit der Postkursche weiter über die Hochebenen des Schwäbischen Waldes zu einem der zahlreichen Flößerseen, die einst für die Holzwirtschaft aufgestaut wurden. Wir besuchten die Meuschenmühle, der Mühlenpapst "Herr Eberhard Bohn aus Murrhardt" gab sein umfassendes Wissen an uns weiter. Für uns wurde Mehl gemahlen, der Unterschied der Mehl-Typen erklärt und wir durften sogar das 7 Meter große Wasserrad in Gang setzen.


Wasserrad In der Mühle wird geschafft

Zum Abschluß gab es noch eine gemütliche Runde im Freien bei sommerlichen Temperaturen bei Kaffee und Kuchen im Hotel Schassberger am Ebnisee. Es waren unvergessliche Tage!

Auf unserer Tour hat uns ein professioneller Fotografen begleitet. Während wir bequem auf der Kutsche saßen, sprang Helge während der Fahrt von der Kutsche, lief nebenher oder spurtete vorweg, um gute Aufnahmen für eine Reportage zu bekommen. Wir sind gespannt, wann und wo diese erscheint. (Die Bilder in meinem Reisebericht sind mit unserer privaten Kamera aufgenommen worden)


Abschiedsrunde ... ... bei Kaffee und Kuchen

Alles Schöne hat mal ein Ende und wir wurden mit Privatfahrzeugen wieder zum Ausgangspunkt unserer 3 Tages-Postkutschfahrt nach Stuttgart-Untertürkheim gebracht. Als Fremde sind auf die Kutsche gestiegen, als Freunde haben wir uns verabschiedet.


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